Vorbericht
Nachwuchssänger der bayerischen Staatsoper gastieren im Barocksaal des Tegernseer Schlosses am Samstag den 18.Juli. Um 19.30 Uhr treten die sieben SängerInnen und zwei begleitende PianIstinnen in der Konzertreihe „Podium für junge Solisten“ auf. Anna Rajah, Sopran, Marzia Marzo und Rachel Wilson, Mezzosoprane, Petr Nekoranec, Tenor, John Carpenter, und Evgenij Kachurovsky, Baritone, und Leonard Bernad , Bass; am Klavier von Naomi Schmidt und Benjamin Spa begleitet, werden Arien und Ensembles aus verschiedenen Opern in halbszenischer Aufführung präsentieren. Den Anfang macht Mozarts „Così fan tutte“, ( So machen sie‘s alle oder Die Schule der Liebenden) mit vier Auftritten. Wahrscheinlich hat der österreichische Kaiser Joseph II selbst, nach dem Erfolg von „Le nozze di Figaro“, Mozart zu einer neuen Oper angeregt. Dessen Musik, auf dem eigenhändigen Libretto von da Ponte, hält die Handlung des auf die Probe gestellten Treueschwurs der Damen Fiordiligi und Dorabella, liiert mit den Offizieren Guglielmo und Ferrando, in der Schwebe zwischen echtem Gefühl und Ironie. Der zynische Don Alfonso schlägt die Wette vor, die Offiziere werden durch ihre herausfordernde Beweissuche der Untreue in den eigenen Wertvorstellungen stark verunsichert. Die unverstellte Erwägung allein und die verschleierte Darstellung der Liebe mit vertauschten Partnern schockierte die Moral der Zeitgenossen so, daß die „Così“ nur 10 Aufführungen bekam, und bis ins 20 Jh. hinein zahlreichen Verzerrungen und „Entschärfungen“ zum Opfer fiel. Heute ist sie eindeutiges Repertoirestück und Liebling bedeutender Regisseure.
Ebenfalls vier Auftritte wird es aus Bizets „Carmen“ und Bellinis „I Puritani“ geben. Auch „Carmen“ , mit ihrem dramatischen Schluß und der sich für Selbstbestimmung auflehnenden weiblichen Hauptfigur, erntete zuerst Ablehnung und Feindseligkeit. Von Georges Bizet 1874 vollendet verließ der Komponist daraufhin Paris und starb wenig später. Carmens Siegeszug durch die Opernhäuser begann 1875 in Wien. „I puritani“ ist eine üppige Gesangsoper, welche dramaturgisch schwach, die historischen Hintergründe( religiöse Auseinandersetzungen im England des 17 Jh. ) ignoriert, sowie musikalisch auf das Belcanto gewichtet, das Rezitativische fast gänzlich ausklammert. Besitz sie auch dramatische und heitere Akzente, so dominieren weite Sequenzen meist melancholischer Musik. Ihre Uraufführung 1835 wurde ein Triumph, eine szenische Aufführung kam erst 1986. Maria Callas als Elvira 1949 in Venedig startete die Wiedererweckung der Belcanto-Opern, insbesondere der Werke Bellinis.
Den Abschluss des Opernstudioabends macht „Le comte Ory“ von Rossini mit drei Nummern. Die buffonesken Effekte der zur Zeit der letzten Kreuzzüge, um 1200, handelnden Oper, ergeben sich aus den doppelbödigen Situationen in welchen eine jede Hauptfigur sich in seiner Liebeslist verstrickt sowie aus dem Witz des Textes, dem treibenden Rhythmus und der Eleganz der Gesangspartien.. Der in Abwesenheit seines Vaters entflohene Graf d‘Ory gibt sich als Eremit,Spezialität Liebesdinge, um die Gräfin Adèle in ihrer Burg zu erobern, sein Page lässt sich beraten um ebenso die Gunst der besagten Gräfin Adèle zu erringen . Man entlarvt sich gegenseitig, verkleidet sich gemeinsam, wird von zurückkehrenden Kreuzfahrern gestört und verrät sich, Vergebung und Flucht gelingen.
Nachbericht
Einen grandiosen Operngesangsabend präsentierte das Opernstudio der Bayerischen Staatsoper mit sieben Sängerinnen und Sängern, sowie zwei PianIstinnen im Tegernseer Barocksaal .
Der „Freundeskreis für die Förderung junger Musiker“e.V. hatte zu seiner Konzertserie „Podium für junge Solisten„ eingeladen. Die jungen Stimmtalente stellten Auschnitte aus vier Opern des Belcanto-Stils vor, die vom musikalischen Leiter des Opernstudios, Tobias Grüninger, mit Witz , Charme und Wissenswertem jeweils eingeführt wurden. Vokal beeindruckend professionell, entschlossen und sicheren Auftretens von der ersten Nummer an, ersangen sich die jungen Leute die Partien aus „Cosí fan tutte„von Mozart, aus Georges Bizets „Carmen“, Bellinis „I Puritani“ und Rossinis „Le comte Ory“.
Mozarst elegante, präzise charakterisierende Musik der „Cosí“,die den Witz und Geist des Libretto von Da Ponte auf einmalige Weise erfüllt, starteten als von ihren Gefühlen verwirrte, standhaftere Fiordiligi und als leichtfertigere Dorabella, Sopran Anna Rajah aus England, Absolventin des Royal College of Music unter Timoty Jones in London , und Mezzosopran Marzia Marzo aus Italien, Absolventin des Konservatorium „Tito Schipa“ in Lecce bei Amelia Felle. Im Duett „Ach schau Schwester“ ergänzten sich die jeweils helle, leicht dominante Stimme der Engländerin , und die vollere, tiefgründigere der hochgewachsenen Italienerin in perfekten musikalischen und rollengemäßen Zusammenspiel. Der Auftritt des Baritons John Carpenter, Absolvent der Pennsylvania State University, als Guglielmo offenbarte einen voll gerundeten , angenehm ausgeglichenen baritonalen Timbre, und der Tenor Petr Nekoranec eine sehr helle, schlanke, mit gutem Volumen und durchdringender Färbung ausgestattete Stimme.
Bei Bizets von spanischen Rhythmen und Tänzen bestimmter, schwungvoller und eleganter„Carmen“, sang die zierliche Mezzosopranistin Rachel Wilson die Titelrolle, und begeisterte mit ihrer in Klang und Diktion so elastischen, farbenreichen, sahnigen und lockeren Stimme in „L‘amour est un osieau rebelle“. Beeindruckend wurde auch das berühmte „Schmugglerquintett“ dargeboten, mit seinen schnellen, spannungsgeladenen sowie vor Freude sprudelnden Ensemble-Passagen.
Bellini, der dem reinen Ziergesang des Belcanto, (die vollkommene Beherrschung der Stimme als ein Instrumen), menschliches Leben und charakteristische Züge zu verleihen versuchte, und somit das einleitete was Verdi vollendete, schuf mit seiner letzten Oper „ I puritani“ ein Werk glanzvoller Melodik, dessen Partien aber eben keine Schau der Stimmkunst sondern die Situationen und Gefühle stimmlich aufnehmen und verdeutlichen. Der Bariton Evgenij Kachurovsky zeigte deutlich, kräftig und voll, die Verzweiflung des Sir Riccardo, im nachdenklich sinnierenden Ensemble „A te o cara„ kamen Sopran Rajah und Tenor Nekoranec zu brillanter Geltung.Anna Rajah glänzte nochmals als Elvira in der „Wahnsinns“-Arie, ihre beste Nummer , mit fantastischer Stimmbeherrschung, vor allem in ihrer Spezialität Diminuendo leuchtend und beseelt, alle Schattierungen mit sicher fokussiertem und wendigem Ton. Das Bass-Bariton Streit-Duett „Den Rivalen sollst du retten“ mit Leonard Bernad und Kachurovsky war ein spannendes Klang–und Charakterduell gewaltiger Stimmen, ernst dreinblickender junger Männer, und aufgebrachten Gefühlen, mit dunklel-ernster Sonorität und eindringlicher Gebärde.
Rossinis „Der Graf d‘Ory“ , die Geschichte eines Casanovas des Mittelalters der in Abwesenheit der kreuzzüglerischen Burgherren die alleingelassene Damenwelt beglücken möchte, lebt von dem Witz des Textes, dem treibenden Rhythmus und der Eleganz der Gesangspartien. Sowohl in der Arie der sich dem als beratender Eremit verkleideten d‘Ory anvertrauenden Gräfin“ O bon eremite“, als im pikantem Terzett „A faveur de cette nuit“ und im Ensemble „Cet écrit“, als ein Brief die Rückkehr der Burgherren ankündigt, traten die jungen Sänger sicher und sympathisch, mit solider Ausstrahlung und beachtlichem stimmlichen und mimischen Können auf. Die beiden Pianisten Naomi Schmidt und Benjamin Spa leisteten hervorragend durchdachte Dienste und unterstützten die Gesangspartien mitreißend und einfühlsam..Eine bewegende Zugabe wurde das von allen gesungene „Summertime „ von Gershwin aus „Porgy and Bess“. Marcus Vitolo