Klavierabend Yojo Christen

KLAVIERABEND YOJO CHRISTEN

Beethoven, Chopin u.eigene Kompositionen

Barocksaal Tegernsee

02.04.2016, 19.30 Uhr

Vorbericht

Zum dritten Konzert 2016 der Reihe „Podium für junge Solisten“ wird ein Jungstar der deutschen Pianistenszene im Tegernseer Barocksaal auftreten. Der „Freundeskreis für die Förderung junger Musiker“konnte den medienpräsenten 20jährige Yojo Christen engagieren. Er wird am Samstag den 2. April ab 19.30 Uhr ein Programm mit Meilensteinen der Klavierliteratur darbieten. Der schon als Kind durch außergewöhnliche Musikalität auffallende, erhält seit seinem fünften Lebensjahr regelmäßigen Klavierunterricht bei Franz Hummel, der ihn auch im Fach Komposition unterweist. Schon im Alter von acht Jahren gestaltete Yojo abendfüllende Konzerte, und war bereits im Rundfunk und Fernsehen zu hören. Eine Japantournee 2010 auf Einladung der Deutsch-Japanischen Gesellschaft war mit sieben Konzerten ein überwältigender Erfolg für den damals 14-Jährigen.
Neben klassischer und romantischer Klavierliteratur umfasst Christens Programm auch eine ganze Reihe selbst komponierter Stücke; unter anderem eine äußerst virtuose Etüde mit dem Titel Rallye sowie mehrere Präludien und Etüden. Sein bisher größtes Erfolgsstück ist die Klaviersonate mit dem Titel Zwitschermaschine, komponiert nach einem Bild von Paul Klee.
Für die Opfer der Fukushima-Katastrophe komponierte er eine Trauermusik, die er bei einem Benefizkonzert im September 2011 in Füssen uraufführte; der Erlös wurde von der Stadtverwaltung nach Fukushima überwiesen.
Der vielseitige Jugendliche verfasste u.a. auch eine Klavierschule für Anfänger: Mein wildes Klavierbuch. Die darin enthaltenen Spiel- und  Übungsstücke komponierte Yojo selbst; sie reflektieren seine Erinnerung an die eigene Ausbildung und die Methode, nach der er das Klavierspiel erlernt hat.
Die ersten CDs, die Yojo Christen bei TYXart als 15- bzw. 17-Jähriger einspielte, fanden bereits große überregionale Beachtung. So schrieb der SPIEGEL: "Denn was auf seiner zweiten CD zu hören ist, zeugt, wie schon die erste, von atemraubend natürlicher Musikalität und Finger-fertigkeit".
In der Zeitschrift PIANO NEWS nannte ihn Burkhard Schäfer einen "Pianisten von Gottes Gnaden, der auch die geistigen Dimensionen der Werke zu fassen und gestalten vermag."
Seine kürzlich erschienene dritte CD mit dem Titel „Atavistic Music“ spielte er zusammen mit dem Cello-Professor Alexander Suleiman ein.. Die beiden improvisieren darauf 13 Stücke ohne die geringste vorherige Absprache.
Zur Zeit komponiert Yojo Christen eine Oper über Kemal Atatürk.

Nachbericht

Einen beeindruckend leidenschaftlichen Klavierabend gab der junge Pianist Yojo Christen zum dritten Konzert 2016 der Serie „Podium für junge Solisten“. Vom „Freundeskreis für die Förderung junger Musiker“ e. V. eingeladen, spielte der 20jährige Tastenlöwe im komplett ausverkauften Barocksaal ein kolossales Programm aus Meilensteinen der Klavierliteratur : Beethovens“Appassionata“, Chopins Sonate b-moll und Gershwins „Rhapsody in Blue“sowie seine eigene Komposition “Zwitschermaschine“ am Schluß.
Der lässig zum Podium schlendernde junge Mann offenbarte an den Tasten eine unbändig auslotende, neugierig pointierende Vitalität. Seine ungeheuren technischen Fähigkeiten brachten kompromisslos alle Elemente Beethovens unheimlicher, drängender und glühender Sonate f-moll op.57 zu Gehör, Yojo Christen kostete alles aus, Dunkelheit, Licht, Geschwindigkeit, Langsamkeit, Feinheit und Kraft; und bündelte es zu einen mit Spannung und Klangmut, Intensität und Direktheit verwobenem Ganzen. Agogisch anders, Hörgewohnheiten provozierend, beleuchtete er doch edel u.a. den hymnischen 2. Satz mit dem akkordisch würdevollen Thema in Des-Dur, stieg mit dominantem Baß und alarmierenden Trillern in die erste Variation, und berauschte sich am perlendem Presto in der letzten Veränderung.
Zum Hexenkessel machte er den letzten Satz, zu einem Strudel mit gewaltigem Sog voller naturhafter Vehemenz, zur Essenz seiner noch jungpianistischen Wildheit.
In Chopins „Sonata funébre“ b-moll Nr.2 op.35 offenbarte er geschliffenere Pianistik, einen aufleuchtenden Anschlag und eine unvergleichliche Spannungsstruktur von ausgefeilter Diktion.
Auch hier holte er alles aus den ersten zwei Sätzen, ihre Finsternis und Erregung, herausragend sein Tempoaufbau und seine Gefühlsübertragung im berühmten „Trauermarsch“, den er anfangs noch voranschreitend, doch die ganze Endgültigkeit und Resignation aus Klang und Rhythmus aufzeichnend spielte, die Akkorde aufschreiend deutend, das Dur-Motiv harfenähnlich, liedhaft himmlisch aufleuchtend, mit atemnatürlicher ergreifender Linienführung. Die Wiederholung des Trauermarschbeginns erfolgte nun in schleppenderem, Erschöpfung zeichnendem Tempo, die Aufschreie weniger durchdringend, um sich in ein verhauchendes Pianissimo aufzulösen.Die verschreckend huschenden Geister des Finale ließ Yojo Christen wie eine unendliche Folge aus allen Richtungen wehender Böen des Wahnsinns erklingen, traumwandelnde Fingerfertigkeit raste die Prestotriolen eines zarten und doch spannungsgeladenen Todeshauch ab .
Unbeschwerte Spielfreude holte Christen aus Gershwins Klaviersolo-Fassung der„Rhapsodie in Blue“ heraus, den quirligen und klangvollen sinfonischen Jazz mitreißend und feinfühlig, virtuos und witzig nachempfindend. Seine „Zwitschermaschine“, mit 11 Jahren komponiert und immer wieder umgearbeitet, zeugte von fantasievoller und brillanter Spieltechnik voller Trillerfolgen , Oktavdonnern und jazzigen Elementen. Dem rhythmischer Applaus des begeisterten Publikums antwortete dieser sicher noch im pianistischen Reifungsprozess stehende Virtuose, mit Katchaturians Toccata in einem aberwitzigen Tempo und kristallklarer, fesselnder Präzision! Marcus Vitolo

Ulli und Uwe Kai Stiftung