Einen musikalisch, inhaltlich und künstlerisch beeindruckenden Auftritt boten die beiden jungen Musiker Juri Vallentin und Philipp Heiss zum ersten Konzert der Reihe „Podium für junge Solisten“ in 2019. Der sehr gut besuchte Barocksaal erlebte ein nicht auf Brillanz, sondern auf Tiefe, Schönheit und Nachdenklichkeit ausgelegtes Programm. Eingerahmt von Eröffnungs- sinfonien mit Solo-Oboe aus Bach-Kantaten erklangen Werke von Schumann, Hamary und Haas, dies ohne Innehalten, als Fluss durch die Gefühlswelt unterschiedlicher musikalischer Epochen und Stile.
Die Sinfonia Bachs „Ich hatte viel Bekümmernis“ BWV 21 , lies den fabelhaften Klang Juri Vallentins Oboe erstmals hören. Die leidenschaftlich leidende Musik der auf schreitenden Achteln des Klaviers sich entfaltenden Oboenfiguren hob sich schwebend und klangvoll in den Raum.
Die Drei Romanzen op.94 von Schumann entstanden, wie die beiden Musiker erläuterten, zur Zeit der Unruhen Mitte des 19. Jahrhunderst, als die Familie Schumann kurzzeitig aus Dresden floh und sich auf dem Land versteckte. Juri Vallentins und Philipp Heiss Interpretation beschwor diese Landidylle heraus, ihre Lieblichkeit und Verträumtheit sowie die kurz aufflammende Kraft der Natur. Im Naturhymnus der Kantate „ Die Himmel erzählen die Ehre Gottes“BWV 76, ließen die beiden Musiker die Stimmen der Feste und des Himmels widerklingen. Ein aus überwiegend scharfen und aggressiven Klängen komponiertes Stück von Andras Hamary, „Canto de Ordeňo“von 2015, bildete den musikalischen Gegenpol : eine unendliche Salve von Tonrepetitionen seitens des Klaviers und ein aufgeregter, schneller Oboenpart. Darin verbirgt sich und klingt ein venezolanisches Lied , dessen beruhigende Wirkung aufleuchtete als der Oboist in den Flügelkorpus spielte und die Saiten des Tasteninstruments mitschwangen.
Bachs bekannte Eröffnungssinfonie der Kantate „Ich steh mit einem Fuß im Grabe“ BWV 156 erklang mit Juri Vallentin und Philipp Heiss mit überaus gesangvollem Oboenklang und dezent begleitendem Klavierpart, der fragende Schluss leitete unmittelbar in Pavel Haas Suita op. 17.
Der Hinweis auf die menschliche Hinfälligkeit und ein Ende im Wille Gottes der Kantate, folgte nun ein Werk, welches mit seinen 9 Sätzen Haas Leben von deutschen Einmarsch nach Tschechien bis zu seinem Tode im KZ klanglich nachvollzieht. Ein erschütterndes Werk, mit Hingabe gespielt.
In Bachs Sinfonia aus der Kantate 12 „Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen“, lies Juri Vallentin die 32Ghirlanden der Oboe weit schwingen und konzertierte frei aller thematischen Bindungen.
Die beiden Musiker bestätigten ihr gefühlvolles und leidenschaftliches Zusammenspiel, ihr tief empfundenes Erleben der Musik , mit der Wiederholung der Sinfonia aus Bachs Kantate 156 als Zugabe.
Marcus Vitolo