Barbican Quartett Sieger des ARD-Wettbewerbs 2022

BARBICAN QUARTETT - SIEGER DES ARD-WETTBEWERBS 2022

Barocksaal Tegernsee

18.03.2023, 19.00 Uhr

Vorbericht

Fein strukturiert und virtuos ausbalanciert, während die Barbicans für Beethovens op. 59, 2 jene Intensität und Inständigkeit aufbrachten, die der langsame Satz molto Adagio so braucht wie die anderen Sätze Freude an Rasanz und Pointenreichtum. Zurecht tosender Beifall.”
~ Harald Eggebrecht, Süddeutsche Zeitung

Barbican Quartet
Amarins Wierdsma, Violine
Kate Maloney, Violine
Christoph Slenczka, Viola
Yoanna Prodanova, Cello
Vier internationale Musiker, vier einzigartige Persönlichkeiten, ein Streichquartett.Das Barbican Quartett verkörpert eine originelle Stimme der Kammermusikszene,die das Publikum mit ihren innigen, kraftvollen Darbietungen und ihrem virtuosen Zusammenspiel begeistert.
2022 war für das Quartett bereits ein herausragendes Jahr, nachdem im Februar
die neue zweite Geigerin Kate Maloney dem Quartett beitrat. Die sofortige
Verbindung zwischen den vier Musikern führte zur Entwicklung einer ausgeprägten und kraftvollen Klangqualität, die von ihren Mentoren, dem Quatuor Ébène und Günter Pichler, schnell erkannt wurde. Ein knappes halbes Jahr später feierte das Quartett einen herausragenden ersten Preis beim 71. Internationalen Streichquartettwettbewerb der ARD und erhielt außerdem den Sonderpreis für die beste Interpretation des Auftragswerks von Dobrinka Tabakova, den Sonderpreis der CD-Produktion Genuin Classics, den GEWA-Preis und den Henle-Urtext-Preis. Dieser großartige Erfolg folgt auf den dritten Preis, den das Quartett im Mai beim Int. Streichquartettwettbewerb in Bordeaux gewonnen hat.Der Name des Barbican Quartetts hat eine doppelte Bedeutung. “Barbican” ist eine Verteidigungsmauer, die eine Stadt oder eine Burg umgibt, was das Quartett mit seinem Bestreben verbindet, die Tradition des Streichquartettspiels zu entdecken, zu entwickeln und fortzuführen. Das Barbican Quartett ist auch eng mit London verbunden, denn hier im Barbican Center gab das Quartett 2015 sein Debutkonzert. Die Gründungsmitglieder Amarins, Christoph und Yoanna lernten sich während ihres Studiums an der Guildhall School of Music and Drama kennen, wo sie zunächst zur Freude gemeinsam Kammermusik spielten und sich später ernsthaft einer Quartettkarierre widmeten. Heute pendelt das internationale Ensemble, welches 4 Nationalitäten und insgesamt 7 Sprachen vereint, zwischen London und München. Das Barbican Quartett wird von Günter Pichler an der Reina Sofia String Quartet Academy in Madrid sowie vom Quatuor Ébène an der Hochschule für Musik München betreut.
Zu ihren weiteren Lehrern zählen das Belcea Quartett, Alasdair Tait, Andras Keller, David Waterman, und Ferenc Rados. Das Quartett gewann den ersten Preis beim Internationalen Joseph Joachim Kammermusikwettbewerb 2019 sowie beim St Martin in the Fields Chamber Music Competition 2018. Sein Debüt in der Wigmore Hall gab das Quartett 2017 dank des Maisie Lewis Award und 2018 verlieh ihm die Royal Philharmonic Society den Albert and Eugenie Frost Prize. Das Barbican Quartett wurde als St John Smith Square Young Artists für 2020 ausgewählt und war 2016 Künstler der Park Lane Group.
Das Barbican Quartett trat bei Festivals wie dem Peasmarsh Festival, Vibre!
Quatuors à Bordeaux, Zeister Muziekdagen, Montreal Chamber Music Festival,
IMS Prussia Cove und Aldeburgh auf. Ihre Auftritte wurden von BR Klassik Radio, NPO Radio 4 und BBC Radio 3 übertragen.
Die Saison 2022/2023 ist eine aufregende Zeit für das Barbican Quartett, das seine Debüt-CD aufnehmen und veröffentlichen wird und in Deutschland, Frankreich, Holland, der Schweiz, Italien, Kanada und den USA auf Tournee gehen wird. Streichquartettspiel ist die menschlichste Form der Kunst. Es erfordert Kommunikation, Flexibilität und Verständnis. In einer Welt, die sich zunehmend polarisiert, ist das Barbican Quartett ein leuchtendes Beispiel dafür, dass individuelle Unterschiede gefeiert und zu etwas Schönem kombiniert werden können. Die Instrumente: Das Quartett ist der Dutch Instrument Foundation sehr dankbar für Amarins Guadagnini-Violine und der Canimex Group Canada für Yoannas Gagliano-Cellound Kates Vincenzo Panormo-Violine.

Nachbericht

Das überaus zahlreiche Publikum bescherte den jungen Musikern des „Barbican Quartett“ den besten Empfang. Die Freude über den ausverkauften, vollbesetzten Barocksaal war allen, auch dem Vorsitzenden des „Freundeskreis für die Förderung junger Musiker“ e.V., deutlich anzusehen. Claus Cnyrim eröffnete mit einer kurzen Willkommensrede die Saison 2023 des „Podium für junge Solisten“ und ermutigte das Publikum die Künste, die Kultur, nach den Schwierigkeiten der Corona-Jahre, weiterhin wertzuschätzen, dieses hohe Geschenk aus der Freude, dem Talent und der Arbeit junger Musiker zu unterstützen und zu genießen.
Die Gewinner eines herausragenden ersten Preis beim 71. Internationalen Streichquartettwettbewerb der ARD 2022, Amarins Wierdsma, Violine, Kate Maloney, Violine,
Christoph Slenczka, Viola und Yoanna Prodanova, Cello, zeigten von Anfang an welche Qualität sie in der Lage zu erzeugen sind. Mozarts Streichquartett D-Dur KV 575, auch „Frühlingsquartett“genannt, entstand als erstes der drei letzten Quartette Mozarts zwischen 1789 und 1790 aus dem gescheiterten Versuch Auftragswerke vom Cello spielenden preußischen König Friedrich Wilhelm II zu bekommen, daher der Beiname „Preußische Quartette“. Aus dieser Musik ließ das „Barbican Quartett“ das zarte doch klare Licht edler lyrischer Gesanglichkeit leuchten, die dem Werk innewohnende Heiterkeit und Gelassenheit wirken , im aufgelockerten Satz kosteten die Musiker die Möglichkeiten des konzertierenden Hervortreten eines jeweiligen Instrumentes inspiriert aus. Ausdrucksvoll und klangschön zeigte sich letzteres im Andante mit dem opernhaften Duett von 1.Violine und Violoncello, im Laufe dessen Melodien aus Mozarts Lied „Das Veilchen“ und aus der „Entführung aus dem Serail“anklingen. Walzerschwung kam im Menuett zu Gehör, mit aufsingenden Cellisoli von Yoanna Prodanova. Im fröhlich gestalteten Finale, dessen Beginn die rhythmische Verkleinerung des allerersten Dreiklang-Themas ist, schöpften die vier Musiker Spannung aus der besonnenen Lebendigkeit des Kontrastes der ruhigen Dreiklänge und der unruhigen, von Cello ausgehenden Triolen, mit äußerster Feinarbeit und virtuoser Spielfreude.
In seinem Streichquartett Nr.2.“Intime Briefe“ offenbart der 1854 geborene , nun 74jährige Komponist Leos Janacek seine Liebe zu der 36jährigen Kamila Stösslova, die er 1917 kennenlernte. Musikalisch brachte die Verbindung sein bedeutendstes kammermusikalisches Werk hervor, und eines der großen des 20 Jahrhunderts. Das „Barbican Quartett“ gab sich der Tonsprache und Leidenschaft dieser Komposition hin. Intensiv zeichneten sie das vorgegebene musikalische Kaleidoskop dieser Liebesbeziehung vom der glühenden Viola-Kantilene und Pathos der Violinen beim ersten Kennenlernen, bis zum lebenskräftigen, extrem Bewegten Finale des endgültigen Zusammensein nach. Violist Christoph Slenka trug das spannend wiegende Thema seines Instruments ausdrucksvoll durch den 2.Satz, gemeinsam schufen die vier Musiker den emotionalen Höhepunkt im 3.Satz, jede Nuance mit Bedeutung füllend, jede Phrase schlüssig ausarbeitend. Vom tänzerischen Beginn des vierten Satzes steigerte sich das „Barbican“in ungeheurem Elan und Feuer, um in einer innigen , von der 1.Violine mit Amarins Wierdsma angeführten Intensität zu münden. Tanzweise und „Liebesmelodie“schließen voller schwärmerischer Erregung in hymnischen Des-Dur. Mit ihrer Darbietung des Auftragswerks der bulgarischen Komponistin Dobrinka Tabacova für den ARD Wettbewerb, erhielt das „Barbican Quartett“ den Sonderpreis für die beste Interpretation. Der Komposition liegt die auch von den Gebrüdern Grimm aufgenommene mahnende Sage der Kornähre zugrunde, als der Gott nach christlicher Auffassung die Menschen für den „ungebührlichen“ Gebrauch einer handvoll Ähren bestraft und nur nach flehen und Gebeten diese Gabe der Natur zur ursprünglichen Größe zurückverwandelt. Ausdruckstrank gab das Ensemble die dissonanten Akkorde auf unregelmäßigen Rhythmen dar, zeichnete virtuos Läufe bis zu Tremoli in den höchsten Lagen nach um geheimnisvoll abzuschließen.
Schumanns machte sich erst nach fundiertem Studium dieser Gattung durch die Werke Haydns, Mozarts, Beethoven und Mendelssohns an das Streichquartett. Im Sommer 1842 entstand op.41, seine einzigen drei Streichquartette. Das „Barbican Quartett“widmete sich mit Einfühlsamkeit und Enthusiasmus dem romantischen Werk ,ausdrucksvoll, lebenskräftig, nachdenklich, die Innigkeit des Adagio molto berührend nachempfindend, den Rhythmus des klopfenden Herzens herausarbeitend und mit burschikosem Impetus das Finale nehmend. Ein großartiger Erfolg eines fantastisch spielenden Ensembles wurde vom Publikum mit grandiosem Applaus gekrönt, dem die vier jungen Musiker mit Schumanns Bearbeitung von „Wenn ich ein Vöglein wär‘“ als Gruß antworteten. Marcus Vitolo

Ulli und Uwe Kai Stiftung