Das
überaus zahlreiche Publikum bescherte den jungen Musikern des
„Barbican Quartett“ den besten Empfang. Die Freude über den
ausverkauften, vollbesetzten Barocksaal war allen, auch dem
Vorsitzenden des „Freundeskreis für die Förderung junger Musiker“
e.V., deutlich anzusehen. Claus Cnyrim eröffnete mit einer kurzen
Willkommensrede die Saison 2023 des „Podium für junge Solisten“
und ermutigte das Publikum die Künste, die Kultur, nach den
Schwierigkeiten der Corona-Jahre, weiterhin wertzuschätzen, dieses
hohe Geschenk aus der Freude, dem Talent und der Arbeit junger
Musiker zu unterstützen und zu genießen.
Die
Gewinner eines herausragenden ersten Preis beim 71. Internationalen
Streichquartettwettbewerb der ARD 2022, Amarins Wierdsma, Violine,
Kate Maloney, Violine,
Christoph Slenczka, Viola und Yoanna
Prodanova, Cello, zeigten von Anfang an welche Qualität sie in der
Lage zu erzeugen sind. Mozarts Streichquartett D-Dur KV 575, auch
„Frühlingsquartett“genannt, entstand als erstes der drei
letzten Quartette Mozarts zwischen 1789 und 1790 aus dem
gescheiterten Versuch Auftragswerke vom Cello spielenden preußischen
König Friedrich Wilhelm II zu bekommen, daher der Beiname
„Preußische Quartette“. Aus dieser Musik ließ das „Barbican
Quartett“ das zarte doch klare Licht edler lyrischer
Gesanglichkeit leuchten, die dem Werk innewohnende Heiterkeit und
Gelassenheit wirken , im aufgelockerten Satz kosteten die Musiker
die Möglichkeiten des konzertierenden Hervortreten eines
jeweiligen Instrumentes inspiriert aus. Ausdrucksvoll und klangschön
zeigte sich letzteres im Andante mit dem opernhaften Duett von
1.Violine und Violoncello, im Laufe dessen Melodien aus Mozarts Lied
„Das Veilchen“ und aus der „Entführung aus dem
Serail“anklingen. Walzerschwung kam im Menuett zu Gehör, mit
aufsingenden Cellisoli von Yoanna Prodanova. Im fröhlich
gestalteten Finale, dessen Beginn die rhythmische Verkleinerung
des allerersten Dreiklang-Themas ist, schöpften die vier Musiker
Spannung aus der besonnenen Lebendigkeit des Kontrastes der ruhigen
Dreiklänge und der unruhigen, von Cello ausgehenden Triolen, mit
äußerster Feinarbeit und virtuoser Spielfreude.
In
seinem Streichquartett Nr.2.“Intime Briefe“ offenbart der 1854
geborene , nun 74jährige Komponist Leos Janacek seine Liebe zu der
36jährigen Kamila Stösslova, die er 1917 kennenlernte. Musikalisch
brachte die Verbindung sein bedeutendstes kammermusikalisches Werk
hervor, und eines der großen des 20 Jahrhunderts. Das „Barbican
Quartett“ gab sich der Tonsprache und Leidenschaft dieser
Komposition hin. Intensiv zeichneten sie das
vorgegebene musikalische Kaleidoskop dieser Liebesbeziehung vom der
glühenden Viola-Kantilene und Pathos der Violinen beim ersten
Kennenlernen, bis zum lebenskräftigen, extrem Bewegten Finale des
endgültigen Zusammensein nach. Violist Christoph Slenka trug das
spannend wiegende Thema seines Instruments ausdrucksvoll durch den
2.Satz, gemeinsam
schufen die vier Musiker den emotionalen Höhepunkt im 3.Satz, jede
Nuance mit Bedeutung füllend, jede Phrase schlüssig ausarbeitend.
Vom tänzerischen Beginn des vierten Satzes steigerte sich das
„Barbican“in ungeheurem Elan und Feuer, um in einer innigen , von
der 1.Violine mit Amarins Wierdsma angeführten Intensität zu
münden. Tanzweise und „Liebesmelodie“schließen voller
schwärmerischer Erregung in hymnischen Des-Dur. Mit ihrer Darbietung
des Auftragswerks der bulgarischen Komponistin Dobrinka Tabacova
für den ARD Wettbewerb, erhielt das „Barbican Quartett“ den
Sonderpreis für die beste Interpretation. Der Komposition liegt die
auch von den Gebrüdern Grimm aufgenommene mahnende Sage der Kornähre
zugrunde, als der Gott nach christlicher Auffassung die Menschen für
den „ungebührlichen“ Gebrauch einer handvoll Ähren bestraft und
nur nach flehen und Gebeten diese Gabe der Natur zur ursprünglichen
Größe zurückverwandelt. Ausdruckstrank gab das Ensemble die
dissonanten Akkorde auf unregelmäßigen Rhythmen dar, zeichnete
virtuos Läufe bis zu Tremoli in den höchsten Lagen nach um
geheimnisvoll abzuschließen.
Schumanns
machte sich erst nach fundiertem Studium dieser Gattung durch die
Werke Haydns, Mozarts, Beethoven und Mendelssohns an das
Streichquartett. Im Sommer 1842 entstand op.41, seine einzigen drei
Streichquartette. Das „Barbican Quartett“widmete sich mit
Einfühlsamkeit und Enthusiasmus dem romantischen Werk
,ausdrucksvoll, lebenskräftig, nachdenklich, die Innigkeit des
Adagio molto berührend nachempfindend, den Rhythmus des klopfenden
Herzens herausarbeitend und mit burschikosem Impetus das Finale
nehmend. Ein großartiger Erfolg eines fantastisch spielenden
Ensembles wurde vom Publikum mit grandiosem Applaus gekrönt, dem die
vier jungen Musiker mit Schumanns Bearbeitung von „Wenn ich ein
Vöglein wär‘“ als Gruß antworteten. Marcus Vitolo