Adelphi Quartett, mit Maciej Kulalowski, Cello, IM RAHMEN DER TEGERNSEER WOCHE


Barocksaal Tegernsee

29.09.2024, 19.00 Uhr

Vorbericht


Vier europäischen Musiker*innen werden am Samstag den 29. September um 19.00 Uhr im Barocksaal in Tegernsee erlesene Kammermusik erklingen lassen : Maxime Mihailuk, 1. Violine, Esther Augusti Matabosch, 2.Violine, Adam Newman , Viola, und Simon Dechambre Cello.
Auf Einladung des „Freundeskreis für die Förderung junger Musiker“e.V. für seine Konzertreihe „Podium für junge Solisten“ wird das ADELPHI Quartett auftreten.
2017 am Mozarteum in Salzburg gegründet, studierte das Ensemble beim Hagen Quartett.
und erhielt wertvolle Unterstützung von Eberhard Feltz, Valentin Erben, Jonathan
Brown und György Kurtág.

Zahlreiche Preise und Auszeichnungen bei großen Wettbewerben wie dem
Wigmore Hall Wettbewerb 2022 in London, beim Premio Paolo Borciani 2021 in
Italien und beim Wettbewerb der Irene Steels-Wilsing Stiftung im Rahmen des
Streichquartettfests des Heidelberger Frühling 2020 markierten den Startschuss
für eine stetig wachsende internationale Konzerttätigkeit.

Bereits zu Beginn des vergangenen Jahres gab das Quartett sein Debüt in der
Wigmore Hall; weitere folgten in der Fundación Juan March in Madrid, bei den
Festspielen Mecklenburg-Vorpommern und beim Aldeburgh Festival. Zu den
bisherigen Konzert-Highlights zählen außerdem Auftritte bei den Sommerlichen
Musiktagen Hitzacker, der Elbphilharmonie Hamburg, der Berliner Philharmonie,
im Flagey in Brüssel, bei den Musiktagen Mondsee, im Schloss Esterhazy, in der
Pariser Philharmonie, der Internationalen Stiftung Mozarteum Salzburg sowie
Debüt und Wiedereinladung beim Streichquartettfest des Heidelberger
Frühlings. Weiters gab das Quartett Aufführungen von Schuberts Streichquintett
mit Valentin Erben (Cellist des Alban-Berg-Quartetts).

Mit Begeisterung engagieren sich die ADELPHIS bei pädagogischen Projekten
und geben im Rahmen verschiedener Workshops und Meisterkurse u.a. bei der
Jeunesses Musicales, dem Royal Birmingham Conservatoire und bei der
Wolfgang-Sawallisch-Musikakademie ihre eigenen Erfahrungen weiter.

In Tegernsee wird das Adelphi Quartett Beethovens Streichquartett op.18, Nr.1, und zusammen mit dem Cellisten Maciej Kulakowski, Schuberts Streichquintett D 956.

Nachbericht

Zum Konzert in der Reihe „Podium für junge Solisten“spannte das Adelphi Quartett einen Bogen über die in den ersten drei Jahrzehnten des 19.Jh. stattgefundene dichteste kammermusikalische Entwicklung damit, und zeigte mit Beethovens erstem Streichquartett und Schuberts letztem Streichquintett Spielqualitäten von Weltrang. Das Publikum des annähernd vollbesetzten Tegernseer Barocksaals war von dem jungen Ensemble ausnahmslos begeistert. Maxime Mihailuk, 1. Violine, Esther Augusti Matabosch, 2.Violine,Marko Milenkovic, Bratsche, Simon Dechambre Cello, und im 2.Teil des Konzertes dazu, Maciej Kulakowski, Cello, offenbarten sich als Spitzenensemble, vier, und später fünf Musiker, die als Saiten eines Instrumentes gemeinsam, und doch jeder mit seiner Persönlichkeit, das Innerste der jeweiligen Musik erzählen. Die Form Streichquartett kam erst ab circa 1805 in die Öffentlichkeit , als der Geiger Schuppanzig und sein Quartett diese Gattung aus der privaten gutbürgerlichen und adeligen „Kammer“ in die Salons der Abendgesellschaften brachte. Beethovens erste Auseinandersetzungdamit, die dem Fürsten Lobkowitz gewidmeten 6 Quartette op. 18, entstanden 1799/80, und obwohl schon sehr individuell, zeigen noch seine Suche nach einem eigenen Stil, orientieren sich stark an den Vorbildern Haydns und Mozarts und beinhalten gleichzeitig neue Ideen emotionaler und formaler Art.
Das Adelphi Quartett nahm den ersten Satz Allegro con brio des op.18, Nr.1in F-Dur, dessen Aufbau das Kopfmotiv immer neu entdeckt und verarbeitet, mit lebensfroher Sensibilität und feinsinnigem Ton, in elastischem, geschmeidigen Spiel. Wie ein Quartett-Requiem, eine Erinnerung an Mozarts Werk, erklangen die ersten Töne des d-moll Adagio. Aus fahlem, langsam pulsierenden, entferntem Klang entwickelt sich die Melodie der 1. Geige zu emotionsgeladener Spannung, Schmerz und Zerknirschung auf unerbittlichem Bass Metrum ausdrückend. Wie ein Rückblick auf liebevolle Zeiten hellt als sehnsuchtsvolle Erinnerung eine F-Dur Episode auf, um in äußerstem pianissimo zu entschwinden. Dass Beethoven dabei an die tragische Grabesszene aus Shakespeares „Romeo und Julia“ gedacht hat, ist überliefert und schlüssig. Aus dem Scherzo machte das Adelphi in delikater und behender Spielart ein Frühlingswind von fröhlich-entspannter Leichtigkeit, heftigere Impulse gab es im Trio. Spiellaunig, quirlig und immer der harmonischen und motivischen Arbeit folgend, gaben sich die vier Musiker dem Schwung des finalem Allegro hin, bravourös mit der Coda abschliessend.
Über diesen unheimlichen Gipfel der Kammermusik, entstanden ab September 1828, das Streichquintett D 956, op. Posth.163 in C-Dur, schrieb Joachim Kaiser :„ Schuberts Streichquintett nimmt einen singulären Platz in der Musikliteratur ein. Es ist rätselhaft und es ist vollendet.“ Vom ersten langgezogenen C-Dur Akkord bis zum letzten mit dem bedrohlich wirkenden Des-Vorschlag ist dieses ausgedehnte, ca 50 Minuten lange Stück von einer Warnung durchzogen, Lebt!Tempus fugit, und tatsächlich hat Schubert selbst, der im November 1828 starb, es nicht mehr anhören können. Die Besetzung mit zwei Celli gibt der Komposition ein generell dunkleres Timbre und die Möglichkeit im Bassbereich sowohl sonore Tiefe wie auch tenorale Höhe zu entfalten. Das Adelphi Quartett holte aus diesem besonderen Werk edelste Romantik, inniges Gefühl, Staunen, Schwungund Klangvollendung. Die Verbundenheit ihres Spiels, mit elastisch-geschmeidigen Klang, die intensive Hingabe ihrer Interpretation, insbesondere der Doppelgesang der Celli, wirkten überirdisch. Im Adagio ließen die Musiker idyllisch den Gesang der Mittelstimmen strömen und vibrierend erklingen, während Violine 1 und Cello sich mit Motiveinwürfen und Pizzicato unterhielten. Stürmisch nahmen sie den aufwühlenden f-Moll Einbruch, bebend die Dramatik betonend, ließen den anfänglichen Traum zurückkehren, die unheimlichen Schatten jedoch auch mitklingen. Klang-kräftig und vital begannen und beendeten die Musiker das Scherzo, und zeigten im Des-Dur Trio dessen unheimlich-jenseitige Atmosphäre. Tänzerisch beschwingt, eine Prise Wiener Charme anspielend, nahm das Adelphi Quartett den Finalsatz, ohne die unterschwellig mitschwingende Warnung zu vernachlässigen, und sich bis zur Verschmelzung dem Sog der schneller werdenden Musik in der Coda hingebend.„Musik von Wahrheit und Tiefe, die es auch mit dem Tod aufnehmen kann.“Zit J.Kaiser.
Dem Begeisterten Publikum, das nicht mehr zu klatschen aufhören wollte, boten die fünf jungen Musiker Astor Piazzollas „Libertango“ als Zugabe.
Marcus Vitolo

Ulli und Uwe Kai Stiftung