Vorbericht
Vier ganz junge Pianisten, Preisträger des Münchner Klavierpodium 2010, werden am Samstag den 10.September um 19.30 Uhr im Barocksaal des Tegernseer Schlosses auftreten. Frédéric Loboda, Jahrgang 2000, Lucia Esther Richter, auch 2000 geboren, Chantal Gundermann, 1999 geboren, und Marcel Mok, Jahrgang 1994, präsentieren je ein eigenes Programm aus der Klavierliteratur, von Bach bis Arensky, über u.a. Haydn, Mozart, Chopin und Katchaturian.
Frédéric Loboda erhielt seinen ersten Klavierunterricht mit drei Jahren, spielte seine erste Sonate mit fünf Jahren am Theater Freiburg, und gewann mit sieben den ersten Preis bei“Jugend musiziert“, er nahm an Meisterkursen von Elza Kolodin und Jura Margulis teil und trat u.a. schon im Gasteig in München, im Historischen Kaufhaus in Freiburg , und im Augustinum Stuttgart auf.
Lucia Esther Richter begann ihren Klavierunterricht 2005 bei Dora Nowak-Wilmington, setzte diesen mit Peter Kütt fort, und ist nun Schülerin von Leonhard Westermayr, München. Zahlreich sind ihre Auftritte, u.a. im Kunstforum Gilching, im kleinen Konzertsaal des Münchner Gasteig und in Kloster Neustift in Südtirol. Sie ist Schülerin des Pestalozzi-Gymnasium in München.
Chantal Gundermann hat seit ihrem 5.Lebensjahr Unterricht bei Irina Mints von der Musikschule Minz in Friedberg, Hessen.. Sie errang seit 2008 erste Platzierungen beim „Jugend musiziert“ , dreimal Regional-, einmal Landespreis, 2010 den 1. Preis des Nationalen Reinhold Glière Wettbewerb St. Georgen im Schwarzwald.
Marcel Tienhao Mok aus Stuttgart begann mit 4 Jahren Klavier zu spielen und machte mit 6 erste Konzert- und Wettbewerberfahrungen. Dabei hat er inzwischen viele erste und zweite Preise errungen, u.a. beim „Kleinen Schumann Wettbewerb“ in Zwickau, bei „Jugend musiziert“ in der Kategorie Violine und Klavier den 1. Bundespreis, international bei Klavierwettbewerben in Brescia und Caraglio, Italien, und Kosice, Slowakei. Mit den Stuttgarter Philharmonikern und dem Jugendsinfonieorchester Stuttgart führte er das 1. Klavierkonzert von Chopin auf, demnächst sind Aufnahmen für das italienische „Radio classica“, ein Konzert in der Lombardei und ein Auftritt bei der „Langen Nacht der Musik“ in München vorgesehen.
Nachbericht
Groß war der Andrang zum Konzert von vier jungen Pianisten im Barocksaal in Tegernsee. Wenige Plätze ließen die Liebhaber der klassischen Musik frei. Lucia Esther Richter, Frédéric Loboda und Chantal Gundermann, elf Jahre alt, sowie der siebzehnjährige Marcel Thienhao Mok, sind allesamt Preisträger des Wettbewerb „Münchner Klavierpodium der Jugend“, und wurden für diesen Abend vom „Freundeskreis für die Förderung junger Musiker“ e.V. ausgesucht. Sie spielten jeder ein ca. 20-minütiges Soloprogramm, in dem sie die Facetten ihres bisher angeeigneten Könnens darboten, und begeisterten restlos die versammelten Zuhörer. Das nicht „nur“ die Lust am Klavierspielen in ihrem Leben Platz hat, wenngleich es durch das fast immer täglich erforderliche Üben einen großen einnimmt, und manchmal anderes verdrängt, verrieten die sympathischen jungen Menschen im Gespräch vor, zwischendurch und nach dem erfolgreichen Konzert.Gemeinsamer Nenner aller vier ist das Lesen, Lucia aus München ist eine Leseratte, macht auch Ballett, und ist der Geschichte zu ihrem Stück über Orpheus und Eurydike neugierig nachgegangen; Frédéric, Domsingknabe im Münster Freiburg, passionierter Weitspringer und Volleyballer, verschlingt Lexika und kennt sich schon in der Musikgeschichte aus. Chantal aus Friedberg in Hessen und Marcel aus Stuttgart sind ebenfalls begeisterte Leser, sie reitet und schwimmt auch, er joggt und schwimmt, zieht aber Kochbücher vor und probiert die Rezepte aus. Die Bürde des Anfangs oblag Lucia Esther Richter, vom Glanz der Lichter im ausgefüllten Saal etwas eingeschüchtert setzte sie sich an den übergroß wirkenden Flügel und spielte dann sofort konzentriert und im ruhigen Schwung den cis-moll Walzer Op.64 Nr. 2 von Chopin. Kantabel erzählend erklang ihr Spiel besonders im Mittelteil, nahm zur Themenwiederholung am Schluss an Geschwindigkeit zu, um dann mit einem gekonnten Ritardando abzuschließen. Katchaturians Sonatine C-Dur brachte sie mit Eifer zu Gehör, die charakteristischen Rhythmen und Harmonien dieser Musik genießend, und auffallend kam ihre Gestaltungsfähigkeit bei Glucks „Melody“ aus „Orpheus und Eurydike“ hervor, durch dessen weite Bögen sie gesanglich führte.Frédéric Loboda schritt entschlossen zum Instrument und spielte klar, ruhig und im Anschlag durchdacht, Bachs Präludium und Fuge f-Moll BWV 881, die Fuge sicher geführt und in totaler Beherrschung der Sache. Wie ein Wiesel ließ er dann das Allegro aus Mozarts Sonate G-Dur KV 283 dahinschnurren und entlockte dem Klavier feinst perlende Töne. Chopins Fantasie-Impromptu cis-Moll Op.66 folgte mit ähnlich rasantem Tempo, weicher im Mittelteil und flott zum Ende hin. Großer Applaus belohnte die beiden Bestreiter der ersten Hälfte des Konzertes . Wie kamen sie zum Klavier? Bei Lucia spielt und spielte die ganze Familie, die Großeltern und Onkels und Tanten inbegriffen, sie war von dem Instrument sofort fasziniert. Frédérics Klavierlust kam ganz aus ihm selbst, seine Eltern spielten nur etwas zum Zeitvertreib, Chantal besuchte Musikgruppen und entschied sich für Klavier, Marcels Vater spielte als Hobby Jazzmusik auf dem Keyboard, seine Schwester Flöte, und so suchte man dann einen Lehrer für ihn, inzwischen möchte er nach dem Abitur Musik studieren.Die meist außergewöhnlichen und unbekannten Stücke der Auswahl von Chantal Gundermann stimmten im zweiten Teil des Konzerts gleich neugierig und interessiert. Mit markantem Anschlag erklang „Die alte Schallplatte“ von Helmut Vogel, schwebend weich, das verschwommene Bild nachzeichnend die „Wasserspiegelung“ von Andrej-Heinrich Klassen. Frisch und bejahend spielte sie Haydns Finale aus der Sonate D-Dur Hob XVI-37, samtig und gesanglich Arenskys Romance und temperamentvoll volltönig die „Variationen über ein Thema von Paganini“ von Berkowitsch. Marcel Thienhao Mok offenbarte unglaubliches Können für sein Alter, eine interpretatorische Reife die nicht artifiziell sondern natürlich und tief aus ihm herauskommt.Sein edler Ton machte Bachs Englische Suite Nr.6, d-Moll zu seltenem Genuss. Perfekte Linienführung und Deklamation im eröffnenden Präludium, schwungvoll im präzisen Fingerlegato die Allemande, und feingliedrigst herausgearbeitet die Courante. Bedächtig im weise fabulierenden Ton die Sarabande, mit faszinierend runder Trillertechnik, die Gavotten im verzaubert hauchigen, mal glöckchenhaften Ton und die Gigue als krönender Abschluss. Listzs furiose „Mazzeppa“Etüde steigerte noch den gewonnene Eindruck : den in Musik dargestellten Todesritt des an sein Pferd gefesselten Helden spielte er mit klug gestalteter Spannungslinie, virtuos meisterte er die unzähligen rasanten Läufe, donnernden Oktaven und große Sprünge, und zeichnete grandios das wilde Geschehen nach. Mit großem Applaus bedankte sich das Publikum . Am Sonntag den 18. September zur Sendung "Titel, Thesen Temperamente" wird der Barocksaal im Fernsehen zu sehen sein, die Aufzeichnung erfolgte zum Konzert des Cellisten Julian Steckel und der Pianistin Lauma Skride am 6. August dieses Jahres. MV